Orientierung - Die Rolle der Eltern
Während der Jugendliche noch auf der Suche nach sich selbst ist, ist die Berufswahl und der damit verbundene Ausbildungsweg eine der ersten wichtigen Entscheidungen, mit der sich junge Menschen konfrontiert sehen.

Dieser Prozess erfolgt über viele Zwischenschritte und erfordert gründliche Überlegungen. Zudem gilt es in dieser Zeit allerlei Neues zu entdecken und zu erforschen, dies wird nicht selten von emotionalen Höhen und Tiefen begleitet. Jugendliche durchleben z.B. auch neue Gefühle und Emotionen, mit denen sie lernen müssen umzugehen. Dies kann sowohl für den Jugendlichen, als auch für diejenigen, die ihn täglich unterstützen, sehr kompliziert und stressig sein.
Ausführlichere Informationen dazu finden Sie auch in unserer Broschüre "Orientierung - Die Rolle der Eltern", welche Sie im Downloadbereich oder direkt hier herunterladen können.
Hierunter auch ein französischsprachiges Video, welches verschiedene Situationen des Berufsfindungsprozess, in denen Eltern und ihre Kinder sich wiederfinden können, beschreibt.

Welche Rolle können Sie dabei übernehmen?
Manch Erwachsener beteiligt sich sehr intensiv an der Schul-, Ausbildungs-, Studien- und Berufswahl des Jugendlichen. Während die einen den Jugendlichen eng begleiten, lassen ihm andere mehr Freiraum, selbst zurecht zu kommen. So werden einige Jugendliche bei der Umsetzung ihrer Ideen unterstützt und wiederum anderen wird eher emotional zur Seite gestanden.
Es gibt kein „richtig oder falsch“ – je nach Situation, Alter, Persönlichkeit sowie Art der Beziehung, die Sie mit dem Jugendlichen pflegen, sind alle Verhaltensweisen auf ihre Art sinnvoll und angemessen.
Um den Jugendlichen bestmöglich bei seinen Überlegungen zu unterstützen und seine persönliche Entscheidungsfindung zu erleichtern, besteht die eigentliche Herausforderung für den Erwachsenen darin, die richtige Distanz zu dem jungen Menschen zu finden.
Lernen Sie Ihr Kind besser kennen
Als „Berufswahlbegleiter“ Ihres Kindes erfahren Sie unweigerlich etwas über seine wesentlichen Eigenschaften, seine Stärken und Schwächen.
Es gilt Antworten zu finden auf im Grunde ganz einfache Fragen. Experten schlagen vor, einen individuellen Fragebogen auszuarbeiten, der u.a. folgende Fragen beinhalten kann:
- Welche Unterrichte mag Ihr Kind besonders? In welchen Fächern erhält es gute Noten?
- Welches sind seine Hobbys? Womit verbringt es seine Freizeit? Was macht es besonders gut und gerne?
- Welche besonderen Fähigkeiten haben Sie festgestellt: mathematische, sprachliche, handwerkliche?
- Welche besonderen charakterlichen oder sozialen Eigenschaften haben Sie an ihm entdeckt: Ist Ihr Kind kommunikativ, hilfsbereit, sparsam, verantwortungsvoll?
Und alle Fragen die Ihnen sonst noch interessant und wichtig erscheinen.
Stellen Sie sich aber auch Fragen über etwaige Einschränkungen und Abneigungen: Hat Ihr Kind Allergien, Rückenprobleme? Wird es leicht ungeduldig oder unruhig, wenn es längere Zeit still sitzen muss?
Dies bedeutet konkret:
- zum einen präsent zu sein und den Jugendlichen zu ermutigen, sodass er Ihr Interesse und Ihre Unterstützung spürt;
- und zum anderen aber gleichzeitig eine nicht zu allgegenwärtige und bestimmende Rolle einzunehmen, da es wichtig ist, dass der Jugendliche selbst aktiv wird und seine persönliche Entscheidung trifft.
Sich vor Augen führen, was der Jugendliche durchlebt
Bei der Berufswahl kann es vorkommen, dass der Jugendliche bestimmten Ängsten und Schwierigkeiten ausgesetzt ist. Diese können je nach Alter, Persönlichkeit und Erfahrung unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Es folgen einige Beispiele von Ängsten und Schwierigkeiten, die für den Jugendlichen, den Sie begleiten, von Bedeutung sein könnten.
- Ich bin mir bewusst, dass der Jugendliche sich einigen Herausforderungen stellen muss.
- Ein Mangel an Informationen oder aber ein Überschuss an Informationen, die es zu sortieren gilt.
- Mangelnde Organisation hinsichtlich der notwendigen Schritte.
- Fehlende Erfahrung bei einer derart folgenschweren Entscheidungsfindung, die ein verringertes Selbstvertrauen zur Folge hat.
- Mangelnde Selbsteinschätzung (eigene Werte, eigene Persönlichkeit und eigene Interessen)
- Mangelnde Zukunftsvision und damit verbundene Schwierigkeiten, seine Erwartungshaltungen auszudrücken.
Ich bin mir bewusst, dass der Jugendliche Ängste hat:
- Angst vor dem Unbekannten und vor Veränderungen (anderes Schul-, Studien- oder Ausbildungssystem, Studentenwohnung,…).
- Angst vor dem Übergang ins Erwachsenenleben (Autonomie, Verantwortung).
- Angst, nicht „DIE“ richtige Entscheidung zu treffen und möglicherweise Zeit und Geld zu verlieren.
- Angst, zu versagen, seine Träume nicht zu verwirklichen und sein Leben „zu vermasseln“.
- Angst, von der Familie weder verstanden noch ermutigt zu werden.
Unterstützen
Nachfolgend finden Sie, einige Verhaltensweisen, wie Sie Jugendliche in Ihrer Rolle als Begleiter unterstützen können.
Ich finde die richtige Balance zwischen Unterstützung und Autonomie bzw.
Helfen und Befähigen:
- Ich ergreife die Initiative und bespreche gemeinsam mit dem Jugendlichen seine berufliche Ausrichtung.
- Ich gebe dem Jugendlichen die Möglichkeit, sich zu seinen Ideen und Projekten zu äußern.
- Ich schlage vor, ohne aufzuzwingen.
- Ich helfe ihm, sich persönliche Ziele zu setzen, die er erreichen kann/will.
- Ich agiere mit ihm und nicht an seiner Stelle.
- Ich drücke meine Wertschätzung für die Initiativen des Jugendlichen aus und ermutige ihn gegebenenfalls zum weiteren Handeln..
- Ich erkläre, dass die Berufswahl eine persönliche Entscheidung ist.
- Ich mache eine klare Trennung zwischen seinem Vorhaben und meinen Erwartungen.
- Ich ermutige den Jugendlichen, seine Pläne und Träume zu verwirklichen.
Ich zeige eine neutrale und objektive Haltung:
- Ich höre mir die Ideen des Jugendlichen an, ohne darüber zu urteilen.
- Ich lege meine Ansichten und vorgefertigten Meinungen über Ausbildungen, Studiengänge und Berufe beiseite.
- Mir ist bewusst, wie wichtig es ist, verschiedene Informationsquellen miteinander zu vergleichen.
- Ich überprüfe die Genauigkeit der erhaltenen Informationen (z.B. Berufsaussichten, Grundvoraussetzungen, etc.).
- Ich teile dem Jugendlichen wohlwollend meine Meinung mit, ohne ihn in eine bestimmte Richtung zu lenken.
Ich nehme eine zuversichtliche und zugleich beruhigende Haltung ein:
- Ich zeige dem Jugendlichen, dass ich mich für seine Vorschläge und Ideen interessiere.
- Ich höre dem Jugendlichen zu und ermutige ihn, seine Gefühle auszudrücken.
- Ich unterstütze den Jugendlichen und drücke mein Vertrauen in ihn aus.
- Ich bin geduldig und gebe ihm die nötige Zeit zum Nachdenken.
- Ich teile mit dem Jugendlichen auch meine eigenen Gefühle.
- Ich nehme den Druck aus der Situation heraus.
Handlungsvorschläge
Lassen Sie sich von diesen Handlungsvorschlägen inspirieren, um im Alltag konkret zu handeln.
Ich begleite den Jugendlichen bei seinen Überlegungen:
- Ich helfe ihm, seine Interessen zu entdecken (was er gerne tut, Fähigkeiten in bestimmten Schulfächern, etc.).
- Ich unterstütze den Jugendlichen bei der Entdeckung seiner Stärken und Schwächen.
- Ich verhelfe ihm dazu, sich der Fähigkeiten bewusst zu werden, die er außerhalb der Schule entwickelt hat (Hobbys, Studentenjob, etc.).
- Ich bespreche mit ihm die objektiven Konsequenzen seiner Entscheidungen (Berufsperspektiven, Dauer des Studiums, Wahl der Ausbildungsform, etc.).
- Ich rate ihm, sich mehrere Optionen bereitzulegen, falls seine erste Wahl nicht wie geplant verläuft.
- Ich teile ihm meine Erfahrungen mit der Berufswahl mit (Fragen, die ich mir gestellt habe, Folgen meiner Entscheidungen, etc.).
Ich biete dem Jugendlichen meine Unterstützung an, falls er dies möchte:
- Ich stelle sicher, dass der Jugendliche weiß, wie man Informationen sucht, vergleicht und überprüft.
- Ich biete ihm meine Hilfe bei der Informationsbeschaffung an, indem ich ihm Bücher, Broschüren, Webseiten, usw. vorschlage.
- Ich empfehle ihm Treffen mit Berufsberatern.
- Ich helfe dem Jugendlichen bei der Suche nach Experten und Fachkundigen, die mit ihm über die Berufe sprechen können, die ihn interessieren.
- Ich ermutige ihn zur Teilnahme an Tagen der offenen Tür, Infoabenden, usw.
- Wenn der Jugendliche selbstständiger vorgehen möchte, dann lasse ich ihn seinen Weg gehen. Dabei schlage ich ihm jedoch vor, mich hinsichtlich seiner Überlegungen auf dem neuesten Stand zu halten.