Aktive Bevölkerung (Erwerbsbevölkerung)

Die sogenannte aktive Bevölkerung bildet u.a. die Grundlage für die Berechnung der Arbeitslosenrate und der Beschäftigungsrate. Sie ist eine zentrale Kennzahl für die Analyse von Arbeitsmarkt und Wirtschaft.

Als „Aktive“ bezeichnet man Personen, die in der Region ihren Wohnsitz haben und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, d.h. die Beschäftigten (Arbeitnehmer und Selbständige) und Arbeitslosen einer Region. Sie stellen zusammen das Arbeitskräftepotenzial einer Region dar.

Die Aktivitätsrate (oder Erwerbsquote), die das Verhältnis der aktiven Bevölkerung zur gesamten Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter darstellt, spiegelt die Beteiligung der Bevölkerung am Erwerbsleben wider. Sie beinhaltet damit eine Verhaltenskomponente, die wiederum abhängig ist von individuellen Merkmalen und vom sozio-kulturellen und ökonomischen Umfeld.

Beim Vergleich von Aktivitätsraten zwischen Regionen oder Quellen ist darauf zu achten, welche Altersgruppe in die Betrachtung einfließt (15 – 64 Jahre, 20 – 64 Jahre oder neuerdings auch bis 74 Jahre).

Erwerbsquote (Aktivitätsrate)

Die aktive Bevölkerung wird in Belgien nach zwei unterschiedlichen Methoden ermittelt, die jeweils ihre Vor- und Nachteile bieten:

a) administrative Daten

Hier werden die Daten einmal pro Jahr aus verschiedenen administrativen Quellen, vorwiegend die Einrichtungen der sozialen Sicherheit (Arbeitnehmerzahlen laut LSS und LSSPLV, Selbständigenzahlen laut LISVS, Auspendler laut LIKIV/CIN, Arbeitslosenzahlen der regionalen Arbeitsverwaltungen und des LfA, BCSS, …) zusammengetragen und nach einer komplexen Methode um Doppelzählungen bereinigt (etwa Personen, die sowohl Arbeitnehmer als auch nebenberuflich selbständig sind) und Lücken geschlossen.

Diese Berechnungen wurden von den beiden regionalen statistischen Instituten (Steunpunt Werk in Flandern und IWEPS - Institut Wallon de l’Evaluation, de la Prospective et de la Statistique in Wallonien) vorgenommen. Im Laufe der Jahre sind – unter anderem aufgrund der verbesserten Verfügbarkeit gewisser Daten - methodologische Änderungen vorgenommen worden, die die Vergleichbarkeit der Daten über die Jahre hinweg beeinträchtigen. Auch haben beide Institute erst seit 2006 nach einer völlig identischen Methode gearbeitet. Ausführliche Beschreibungen der verwendeten Methodik, wie auch der Konzepte und Unterschiede zur Methode der Arbeitskräfteerhebungen, sind auf den Internetseiten der beiden Institute zu finden. Mittlerweile wird die Berechnung allein noch vom Steunpunt Werk durchgeführt, nach der gemeinsam beschlossenen Methodik.

Ein wesentlicher Vorteil dieser Daten besteht darin, dass sie bis auf Ebene einzelner Gemeinden ermittelt werden und damit auch für Ostbelgien vorliegen.

Allerdings ist die vom Steunpunt Werk ermittelte aktive Bevölkerung für die Deutschsprachige Gemeinschaft deutlich unterschätzt, da sie nur unvollständige Angaben zu den Pendlern nach Luxemburg und Deutschland beinhaltet. Quelle der Pendlerzahlen sind die Krankenversicherungsträger, bzw. die INAMI oder das CIN (Collège Intermutualiste National). Aber …

  • die in Deutschland ausschließlich privatversicherten Pendler sind dem LIKIV/INAMI nicht bekannt. Die ausschließlich private Krankenversicherung steht Beamten, Selbstständigen, Studenten, Freiberuflern und Angestellten mit einem höheren Gehalt offen.
  • die INAMI-Angaben sind nur auf Bezirksebene (und nicht nach Alter und Geschlecht) vorhanden. Die Gemeindezahlen werden anhand eines Schlüssels auf der Grundlage von Daten des CIN berechnet. Seit 2019 greift der Steunpunt direkt auf die Daten des CIN zurück, die in der BCSS-Datenbank integriert sind. Diese Daten des CIN weichen von den INAMI-Angaben ab, ohne dass dieser Unterschied erklärt werden kann.
  • selbstständige Pendler werden durch den Steunpunt Werk nicht gezählt.
  • der Abgleich mit den offiziellen luxemburgischen Pendlerzahlen zeigt, dass auch die Pendlerzahl nach Luxemburg in der Steunpunt-Berechung stark unterschätzt ist.

Die Verwendung dieser Quellen (mit verschiedenen Wechseln im Laufe der Jahre) hat signifikante Auswirkungen auf die ermittelten Raten der Deutschsprachigen Gemeinschaft, da die Pendler hier einen großen Teil der aktiven Bevölkerung ausmachen.

Um diesen Effekt auszugleichen und zu einer realistischeren Einschätzung der aktiven Bevölkerung zu gelangen, wird in der Deutschsprachigen Gemeinschaft seit 2016 eine Neuberechnung der aktiven Bevölkerung von 15-64 Jahren erstellt.

Dabei werden u.a. die Angaben aus Luxemburg (IGSS) zu den ostbelgischen Pendlern, sowie die Zahl der steuerpflichtigen Personen mit einem beruflichen Einkommen aus Luxemburg und Deutschland herangezogen und die Selbständigen hinzugerechnet. Eine detaillierte Erläuterung zur Berechnungsmethode liegt an anderer Stelle vor. Auch diese Berechnung hat ihre Schwächen und ist als eine weitere Schätzung anzusehen, da u.a. die Daten der Steuerverwaltung nicht nominell vorliegen und Doppelzählungen daher nicht ganz ausgeschlossen sind. Im Resultat liegen aber die berechnete Aktivitäts- und Beschäftigungsraten recht nahe an den Ergebnissen der Arbeitskräfteerhebung.

b) Befragungsdaten (gemäß ILO-Standard)

Eine andere Quelle zur Ermittlung der aktiven Bevölkerung ist die europaweit durchgeführte Arbeitskräfteerhebung, die von EUROSTAT koordiniert und von den nationalen statistischen Ämtern durchgeführt wird. Die auf diesem Wege ermittelte Zahl zur aktiven Bevölkerung ergibt sich also aus der Hochrechnung eines Stichprobenergebnisses und dient Eurostat u.a. zur Ermittlung der harmonisierten Arbeitslosenrate (Arbeitslosenrate laut ILO-Kriterien) oder der Aktivitätsrate der einzelnen Staaten und Regionen.

In diesem Sinne wird jeder, der die ILO-Bedingungen für die Zurechnung zu den Erwerbstätigen oder den Arbeitslosen erfüllt, zu den Aktiven gerechnet.

Vorteil dieser Zählweise ist ihre internationale Vergleichbarkeit, da sie nicht von den gesetzlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Länder abhängt. Auf der anderen Seite sind auch mit Befragungsresultaten eine Reihe von Unsicherheiten und Ungenauigkeiten verbunden.