Arbeitslose

Als Arbeitslose gelten Personen im erwerbsfähigen Alter, die ohne Beschäftigung sind und eine Arbeit suchen.

Die Arbeitslosenrate ist der prozentuale Anteil der Arbeitslosen an der aktiven Bevölkerung. Die aktive Bevölkerung ist die Summe der Arbeitslosen und der Beschäftigten.

Soweit der gemeinsame Nenner.

a) Arbeitslose gemäß der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)

1982 einigten sich die Arbeitsmarktstatistiker des Internationalen Arbeitsorganisation (ILO, auf frz. Bureau International du Travail, BIT) auf eine einheitliche Definition: „Ein Arbeitsloser ist eine Person von 15 Jahren oder mehr, die ohne Arbeit ist, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und Arbeit sucht.“ [1] Diese Personen werden als „ILO-Arbeitslose“ bezeichnet.

In der Folge hat die Europäische Union die Definition weiter präzisiert:

  • „ohne Arbeit“ bedeutet, dass die Person während der vorangegangenen Woche weniger als eine Stunde gegen Entgelt gearbeitet hat,
  • „dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen“ bedeutet, dass die Person bereit und in der Lage ist, innerhalb von zwei Wochen eine Beschäftigung aufzunehmen,
  • „Arbeit suchen“ bedeutet, dass die Person während der vier vorangegangenen Wochen aktiv nach Arbeit gesucht hat.

Die Zahl der „ILO-Arbeitslosen“ kann aufgrund der präzisen Definition nur anhand von Befragungen ermittelt werden. Hierzu wird europaweit die sogenannte Arbeitskräfteerhebung [2] (AKE) durchgeführt. Vorteil ist, dass diese Definition nicht von der jeweiligen nationalen Gesetzgebung abhängt und die Resultate daher international vergleichbar sind. Allerdings hängt die Zuordnung einer Person zu einer sozio-ökonomischen Situation (beschäftigt-arbeitslos-inaktiv) nicht von der juristischen oder administrativen Situation, sondern von der subjektiven Einschätzung der befragten Person ab. Ein ILO-Arbeitsloser muss nicht notwendigerweise bei einer Arbeitsverwaltung eingetragen sein. Nicht ausgeschlossen sind auch Irrtümer bei der Stichprobenauswahl und unerwünschte Einflüsse der statistischen Methoden.

Für die Koordinierung und Harmonisierung der von den Mitgliedstaaten durchgeführten Arbeitskräfteerhebungen ist Eurostat verantwortlich, das statistische Amt der EU. Die von Eurostat veröffentlichten Zahlen zur Arbeitslosigkeit basieren also auf diesen Befragungsergebnissen und werden als „harmonisierte Daten“ bezeichnet

In Belgien ist der Föderale Öffentliche Dienst für Wirtschaft, KMU, Mittelstand und Energie über seine Generaldirektion Statistik (https://statbel.fgov.be) mit der Durchführung der Arbeitskräfteerhebung betraut.

Die Methoden der Erhebung haben im Laufe der Zeit geändert. Ab 1999 ist man von einer Erhebung über eine einzige Referenzwoche, die in den Frühling fiel, zu einer kontinuierlichen Erhebung übergegangen. Der Übergang zu einer kontinuierlichen Erhebung bedeutet, dass die Stichprobe gleichmäßig über alle Wochen des Jahres verteilt wird. Zwischen 1999 und 2016 wurden in Belgien jedes Jahr fast 60.000 Haushalte kontaktiert, um an der Umfrage teilzunehmen. Alle Befragten wurden ein einziges Mal persönlich befragt.

Im Jahr 2017 wurde eine zweite große methodische Änderung vorgenommen. Erstens wurde zu einem phasenbasierten Ansatz mit einem rotierenden Panel übergegangen. Die Befragten werden daher nicht nur einmal, sondern viermal über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren befragt. Zweitens wurde bei der ersten Befragung auf ein persönliches Interview umgestellt, während die folgenden Befragungen per Telefon oder online durchgeführt werden. Drittens wurde auch die Kalibrierungsmethode verbessert und an das Panel angepasst.

Neben diesen beiden großen methodischen Reformen wird auch der Fragebogen regelmäßig angepasst. Infolge einer neuen europäischen Rahmenverordnung (EU-Verordnung 2019/1700) wurde der Fragebogen für 2021 vollständig überarbeitet. Auch die Stichprobenziehung wurde angepasst und ältere Menschen sind nun repräsentativer vertreten.

  • Eine wichtige Änderung betrifft Erwerbstätige, die in der Berichtswoche abwesend sind (z.B. Kurzarbeiter, Personen in Elternurlaub und Saisonarbeiter). Nach der neuen operationellen Definition der ILO werden Personen, die aus Gründen wie zeitweilige Arbeitslosigkeit oder Elternurlaub abwesend sind, nur noch dann zu den Beschäftigten gezählt, wenn sie maximal drei Monate abwesend sind.
  • Für die Arbeitslosen wurde das Kriterium der aktiven Suche strenger interpretiert (Auflistung dessen, was als aktive Suche zählt)
  • Ein zweiter wichtiger Teil des Fragebogens betrifft die Erfassung der Arbeitszeit. Auch hier wurden wichtige Änderungen vorgenommen, die wiederum darauf abzielen, eine einheitlichere Messung zwischen den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten zu gewährleisten und somit auf europäischer Ebene besser vergleichbare Ergebnisse zu erzielen.

Seit 2006 ist die Stichprobe der befragten Haushalte in der DG erhöht worden, um auch für das Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft über international vergleichbare Arbeitsmarktdaten zu verfügen. Bezogen auf die Arbeitslosenzahlen sind die Ergebnisse für die DG allerdings aufgrund der geringen Grundgesamtheit (weniger als 5000 Arbeitslose) sehr unzuverlässig. Die Resultate können daher auch von Jahr zu Jahr stark schwanken. Bezogen auf die Ermittlung der Aktivitäts- und Beschäftigungsrate sind die Werte hingegen deutlich zuverlässiger.

b) Die Arbeitslosenzahlen der regionalen Arbeitsverwaltungen

Sowohl das Arbeitsamt der DG als auch die anderen öffentlichen Beschäftigungsdienste (das FOREM für die Wallonische Region, der VDAB für die Flämische Gemeinschaft und Actiris für die Region Brüssel-Hauptstadt) ermitteln und veröffentlichen die Zahl der nicht beschäftigten Arbeitsuchenden, hier auch Vollarbeitslose genannt (auf Französisch Demandeurs d’emploi inoccupés – DEI).

Im Prinzip gilt für die Vollarbeitslosen ebenfalls die ILO-Definition. Es handelt sich um Personen, die ohne Beschäftigung sind, dem Arbeitsmarkt unmittelbar zur Verfügung stehen und aktiv eine Beschäftigung suchen.

Da es den Beschäftigungsdiensten in der Praxis allerdings kaum möglich ist, die beiden letzten Kriterien für jede Person zu überprüfen, werden die zur Verfügung stehenden administrativen Informationen genutzt. Das Kriterium „aktiv eine Beschäftigung suchen“ gilt daher als erfüllt, wenn eine Person beim Arbeitsamt als arbeitsuchend eingetragen ist. Das Kriterium „dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen“, gilt z.B. dann als nicht erfüllt, wenn ein Arbeitsloser einer Ausbildung folgt oder über eine Freistellung von der Arbeitsuche seitens des Landesamtes für Arbeitsbeschaffung (LfA/ONEM) verfügt. Arbeitslose in Ausbildung zählen daher während der Dauer der Ausbildung nicht zu den Vollarbeitslosen [3].

Bis Ende 2005 wurde die Verfügbarkeit darüber hinaus mit der sogenannten Stempelkontrolle geprüft, die ab Januar 2006 jedoch durch einen elektronischen Datenaustausch mit den Trägern der Sozialsicherheit in Belgien ersetzt wurde. Aufgrund der Mitteilung z.B. des LSS, dass eine Person eine Arbeitsstelle angetreten hat, wird diese dann (im Prinzip) als Arbeitsloser gestrichen (siehe Artikel „Wichtige Anpassungen […]“). Seit Übertragung der Zuständigkeit im Bereich der Kontrolle der Suchbemühungen an die Regionen im Jahr 2016 wird die Verfügbarkeit (der Arbeitslosengeldempfänger und der Jugendlichen in der Berufseingliederungszeit) auch über die Kontrollverfahren geprüft.

Im Gegensatz zur Definition der ILO kann aber eine Person, die eine Stunde pro Woche arbeitet, sehr wohl beim Arbeitsamt als Vollarbeitsloser registriert sein. Es liegt also auf der Hand, dass die Zahlen der Beschäftigungsdienste nicht mit denjenigen von Eurostat übereinstimmen, weil beiden abweichende Kriterien und Zählweisen zugrunde liegen.


Die Vollarbeitslosen umfassen folgende vier Gruppen (Einteilung gültig seit 2006):

1. Arbeitsuchende Anwärter auf Arbeitslosengeld

Es handelt sich um nicht beschäftigte Arbeitsuchende, die Anspruch auf Arbeitslosen- oder Wartegeld haben, und die eine voll- oder teilzeitige Arbeitsstelle suchen.

In dieser Kategorie findet man:

  • Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag beendet wurde; sie beziehen Arbeitslosengeld auf Grundlage ihrer Arbeitsleistungen
  • Jugendliche, die im Anschluss an die Berufseingliederungszeit eine Berufseingliederungszulage auf Basis des Studiums oder einer Lehre erhalten
  • ehemalige Teilzeitbeschäftigte (auf freiwilliger Basis), die nun vollarbeitslos geworden sind

2. Jugendliche Schulabgänger

Hier handelt es sich um nicht beschäftigte Jugendliche in der Berufseingliederungszeit nach ihrem Studium/ihrer Ausbildung. Sie müssen ein Jahr lang eingeschrieben sein und zwei positive Bewertungen ihrer Suchbemühungen erhalten haben, bevor sie ggf. Anrecht auf Berufseingliederungszulage haben (abhängig von Alter und Ausbildungsabschluss).

3. Sonstige (verpflichtend eingetragene) Arbeitsuchende

Unter diese Kategorie fallen im Wesentlichen:

  • Arbeitslose, die zeitweilig vom Bezug des Arbeitslosengeldes ausgeschlossen wurden (während der Dauer des Ausschlusses)
  • vom Öffentlichen Sozialhilfezentrum oder über andere Sozialeinrichtungen eingetragene Personen
  • Arbeitsuchende mit Betriebszuschlag (vormals Frühpension)
  • Arbeitsuchende in Berufung gegen einen Beschluss der INAMI

4. Freiwillig eingetragene Arbeitslose

Hierunter fallen nicht-beschäftigte Arbeitsuchende, die kein Anrecht auf Arbeitslosengeld haben. Sie sind nicht verpflichtet, sich als Arbeitslose einzutragen, können es aber auf freiwilliger Basis tun. Die Einschreibung ist zeitlich befristet (drei Monate) und muss daher vom Betroffenen regelmäßig bestätigt werden, wenn sie aufrechterhalten werden soll.

Die Arbeitslosenzahlen der regionalen Beschäftigungsdienste sind also höher als diejenigen des LfA /ONEM, weil in ihnen zusätzlich zu den entschädigten Vollarbeitslosen auch die Arbeitsuchenden enthalten sind, die keine Leistungen oder Leistungen von anderen Einrichtungen, wie den Öffentlichen Sozialhilfezentren oder den Einrichtungen für Personen mit Behinderung, beziehen.

c) Die Arbeitslosenzahlen des Landesamtes für Arbeitsbeschaffung LfA - ONEM

Das Landesamt für Arbeitsbeschaffung in Belgien (LfA /ONEM), das insbesondere für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes zuständig ist, ermittelt die Zahlen zu den vollentschädigten Arbeitslosen (chômeurs complets indemnisés).

Bei den vollentschädigten Arbeitslosen muss man wiederum zwischen zwei Gruppen unterscheiden:

  • Die vollentschädigten Arbeitsuchenden (chômeurs complets indemnisés demandeurs d’emploi) stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und müssen daher bei den regionalen Beschäftigungsdiensten eingetragen sein.
  • Die vollentschädigten Nicht-Arbeitsuchenden (chômeurs complets indemnisés non-demandeurs d’emploi), wie etwa freigestellte Arbeitslose mit Betriebszuschlag oder für die Pflege eines Angehörigen freigestellte Arbeitslose, stehen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung und müssen daher nicht (mehr) bei den Beschäftigungsdiensten eingetragen sein.

Die vollentschädigten Arbeitsuchenden entsprechen im Prinzip der Kategorie 1 der Vollarbeitslosen, wie sie von den regionalen Beschäftigungsdiensten ermittelt werden (Arbeitsuchende Anwärter auf Arbeitslosengeld). Allerdings ermitteln die regionalen Beschäftigungsdienste jeweils den Stand der eingetragenen Arbeitsuchenden zum Monatsende, während das LfA die Zahl der Arbeitslosen zählt, die im Laufe des entsprechenden Monats Arbeitslosengeld erhalten haben, unabhängig davon, ob dies nur an einem Tag oder den ganzen Monat der Fall war. Weitere Abweichungen zwischen beiden Zahlen in einem gegebenen Monat können aufgrund der Prozeduren und Kontrollmechanismen des LfA entstehen, die gegebenenfalls zu einer zeitlichen Verzögerung der Erfassung führen.

Die Zahlen des LfA können hier eingesehen werden: https://www.onem.be/statistiques

 


[1] Resolution betreffend die Statistiken über die aktive Bevölkerung, die Beschäftigung, die Arbeitslosigkeit und die Unterbeschäftigung, angenommen durch die 13. Internationale Konferenz der Arbeitsstatistiker (Oktober 1982).

[2] Auf Französisch „Enquête sur les forces de travail“ (EFT), auf Englisch „Labour force survey“ (LFS)

[3] In Flandern gilt diese Regel seit 2022 jedoch nicht mehr. S. Artikel zu den wichtigen Anpassungen.